Pflanze einen Baum und rette die Welt! Einfach so – so einfach? Nun, wohl kaum jemand anderes als die Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai zeigt in ihrem beeindruckenden Lebensweg, dass das Pflanzen von Bäumen nicht allein dem Naturschutz dient. Es kann der Beginn sein zu mehr Selbstbestimmung, zu verbesserten Lebensbedingungen, zu mehr Rechten für die Frauen.
Maathai ist eine Weltpolitikerin und zugleich eine authentische Aktivistin, eine Frau, die sich seit ihrer Jugend für Gerechtigkeit, Umweltschutz und für Afrika stark gemacht hat. Ihre Arbeit wurde mit den wichtigsten Preisen ausgezeichnet, die es zu vergeben gibt, von Regierungen, Universitäten, bis hin zum Komitee des Friedensnobelpreises. Und doch bleibt die Keimzeile ihres Wirkens das Pflanzen von Bäumen. Den ersten pflanzte sie vor 35 Jahren am Welt-Um-welttag. Es war das Symbol zur Gründung des „Green Belt Movement“, einer Massenbewegung, die sich über mehrere Länder Afrikas erstreckt. Aber schon damals ging es ihr nicht allein um das Pflanzen von Bäumen, sondern auch um eine ganzheitliche Sicht von Landwirtschaft, Naturschutz und der Stellung der Frau, darum, Menschen zu mobilisieren, Bäume zu pflanzen um Bodendegradierung und Wassermangel zu bekämpfen und sie dabei gleichzeitig für die Idee der Nachhaltigkeit zu sensibilisieren. Zigtausende schlossen sich an und pflanzten „grüne Gürtel“ um Farmen, Schulen und Kirchengebäude.
Wangari Maathai, 1940 geboren, hatte Biologie studiert, als erste Frau Ost-Afrikas promoviert und wurde 1977 Kenias erste Universitätsprofessorin. Ihr akademischer Lebensweg führte sie zu Gastaufenthalten in die USA, nach Gießen und München. „Zu gebildet, zu stark, zu erfolgreich, zu stur“ gab ihr Mann, mit dem sie drei Kinder hat, als Begründung für die Scheidung an. „Und nicht zu kontrollieren“, ergänzte er, und lieferte damit unbeabsichtigt Hinweise auf das Erfolgsrezept dieser Frau.
Jakob von Uexküll, Stifter des Alternativen Nobelpreises, war einer der Ersten, der die Bedeutung Maathais für den Umweltschutz erkannte. Bereits 1984, genau 20 Jahre bevor sie den Friedensnobelpreis erhielt, wurde sie mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet: „Dafür, dass sie aus der ökologischen Debatte in Kenia eine Massenbewegung formte“, so die offizielle Begründung.
Das Green Belt Movement hat seit seiner Gründung etwa 30 Mio. Bäume gepflanzt und darüber hinaus auch die „one million tree campaign“ der Vereinten Nationen (UNEP) inspiriert. Zu ihrem Arbeitsprogramm gehören inzwischen auch die Themen Klimawandel, Ernährungssicherheit und Bildung. Und kürzlich hat Maathai zusammen mit Alternativen Nobelpreisträgern und Mitgliedern des World Future Council zum weltweiten Ausstieg aus der Atomenergie aufgerufen.
Wer ihre Bedeutung nur auf Gründung und Aufbau des Green Belt Movements reduzierte, würde ihr daher nicht gerecht. Sie ist in all ihren Funktionen immer Aktivistin geblieben. Das zeigt auch ihr hartnäckiger Einsatz gegen den geplanten Bau eines riesigen Hochhauses im Uhuru Park, Nairobis „grüner Lunge“. Sie machte ihren Widerstand gegen das Projekt publik, schrieb an zahlreiche Organisationen, mobilisierte die Menschen vor Ort und ließ sich auf keinerlei Kompromisslösungen ein. Kenias Regierungschef erklärte sie daraufhin zur Staatsfeindin. Man verunglimpfte sie im Parlament und in den Medien, schloss das Büro ihrer Organisation – doch sie hielt durch. So lange, bis die Investoren sich zurückzogen und das Projekt fallen ließen.
Eines der wichtigsten politischen Anliegen Maathais war es, die verschiedenen Splitterparteien der Opposition miteinander zu vereinen und so die regierende Partei KANU abzulösen. Nach mehreren Anläufen gelang ihr auch dies. Maathai wurde 2003 Umweltministerin der Nationalen-Regenbogen-Koalition. 2005 wurde sie zur ersten Präsidentin des Wirtschafts- und Kulturrates der Afrikanischen Union (AU) gewählt. Sie gründete die „Nobel’s Woman Initiative“, in der sich mehrere Nobelpreisträgerinnen für die Gleichberechtigung von Frauen einsetzen. Sie ist Ehrenmitglied des World Future Council.
In der Begründung des Nobelkomitees heißt es: „Frieden hängt eng zusammen mit unserer Fähigkeit, eine lebenswerte Umwelt zu erhalten. Maathai steht ganz vorne im Kampf für ein ökologisch ausgerichtetes soziales, ökonomisches und kulturelles Gleichgewicht in Kenia und in Afrika. Sie verkörpert ein ganzheitliches Denken in ihrem Einsatz für Demokratie, Menschenrechte und der Gleichberechtigung von Frauen. Wangari Maathai steht für globales Denken und lokales Handeln.“ Mehr muss man nicht sagen, wenn man sich fragt, wie man durch das Pflanzen von Bäumen die Welt retten kann.
Wangari Maathai ist am 25. September im Alter von 71 Jahren gestorben. Sie wird uns fehlen.
Dieser Beitrag erschien erstmals im Jahrbuch Ökologie 2012.