In der EU Kommission vollzieht sich beim Thema „Verantwortliche Unternehmensführung“ aktuell ein Strategiewechsel. Dieser drückt sich etwa in einem von den Brüsseler Experten Ende Oktober vorgelegten Aktionsplan aus, der „eine neue EU-Strategie für die soziale Verantwortung der Unternehmen„ vorsieht.
Hiermit will man die europäische Wirtschaft auf international anerkannte „Corporate Social Responsibility“ (CSR) -Leitlinien und -Grundsätze verpflichten und irreführende Werbeaussagen zur Ökoleistung von Produkten verbannen. Die Papiere enthalten hierzu Verpflichtungen und Anregungen für europäische Unternehmen und deren Stakeholder, die Mitgliedstaaten sowie für die Kommission selbst. Ein irreführendes Marketing im Zusammenhang mit den Auswirkungen von Produkten auf die Umwelt (das so genannte ‚green-washing‘) liegt vor, wenn Unternehmen einzelne umweltfreundliche Produkte und Aktivitäten deutlich vor den öffentlichkeitswirksamen Vorhang stellen, obwohl es sich bei diesen lediglich um einen Teil der gesamten, eher umweltschädlichen Unternehmensaktivität, handelt oder diese nur einen Teil der Spezifikation eines Produktes betreffen. Die Möglichkeiten, die Wirkungen der Unternehmenspolitik oder seiner Produkte „zum Wohle der guten Sache“ zu demonstrieren, sind vielfältig: So kann durch den Konsum eines Produktes etwa die Armut in einem Land oder auf einem Kontinent vorgeblich bekämpft und der Welthunger reduziert werden oder das Unternehmen behauptet (oft leider nur aus der eigenen Warte), Produkte besonders fair einzukaufen oder auf klimaverträgliche Weise herzustellen.
Das Grünwaschen hat natürlich seinen Grund: Einer McKinsey Studie zufolge sind inzwischen 87% der Kunden beim Einkauf über den ökologischen und sozialen Effekt der Produkte besorgt. Fragen des Klimaschutzes sind laut dem Verbrauchermonitoring der Verbraucherzentrale als Entscheidungshilfe für den Kauf eines Produktes nach Preis und Verbrauch für die Bundesbürger bereits der drittwichtigste Punkt. „Grüne“ Produkte erzielen zudem höhere Preise und sind im Absatz weniger krisenanfällig. Außerdem haben Studien ergeben, dass Unternehmen mit einer nachhaltigen Unternehmenspolitik im Kampf um besonders qualifizierte Mitarbeiter und bei deren Bindung an das Unternehmen meist die Nasen vorn haben und Spitzenkräfte eher unter Vertrag nehmen können.
Die Verbraucherzentralen merken auf, wenn in der Werbung für ein Produkt oder eine Dienstleistung etwas unschlüssig oder schlicht unrichtig zugeht. Die von den Verbraucherschützern beanstandeten Lügen beziehen sich in letzter Zeit vermehrt auf ökologische Kriterien einer Ware oder Leistung, etwa auf die CO2-Emissionen eines Neuwagens oder auf die “Klimafreundlichkeit“ von Getränken. Unterschiedliche Richtlinien in den nationalen Gesetzgebungen machen eine EU Harmonisierung zusätzlich nötig: So ist es in Schweden etwa untersagt, ein grundsätzlich klimaschädliches Produkt wie das Auto als „umweltfreundlich“ zu bewerben.
In Deutschland kann ein Hersteller das bisher noch tun. Ob die am 1. Dezember 2011 in Deutschland in Kraft tretende „Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung“, nach der in der Auto-Werbung etwa der CO2-Ausstoß mit Hilfe einer Farbskala angezeigt sein müssen, hier eine Änderung bewirkt, bleibt abzuwarten.
Wahrheit gegen Skepsis
Eine korrekte Aufklärung der Konsumenten bezüglich der wirklichen Umweltverträglichkeit von Produkten ist für die Unternehmen mehr denn je überlebenswichtig. Stehen doch trotz einer größtenteils erwünschten Grünung der Produkte weiterhin viele Konsumenten dem nachhaltigen Einkauf eher skeptisch gegenüber, werden „öko“ Produkte teilweise noch abwertend den „Müslis“ zugeschrieben.
Hier zeigt sich, dass, im Gegensatz zum reinen „Grünwaschen“ mit schönen Behauptungen, die echte Öffentlichkeitsarbeit für wirklich umweltfreundlichere oder nachhaltigere Produkte oder Aktivitäten nötig ist, eben Green Public Relations. Green-PR kommuniziert die auf die Umwelt bezogenen (echten!) Anstrengungen der Unternehmen einer interessierten Öffentlichkeit. So genannte Environmental Communicators müssen hierbei die Interessenten eines Unternehmens in Bezug auf die Umwelt über die Auswirkungen des Wirtschaftens informieren.
Bisher entsteht grüne PR meist noch als „Nebenprodukt“ reiner Unternehmens-PR. Das Public Relations Global Network hat jedoch errechnet, dass Green-PR höhere Anforderungen (wissenschaftliche, politische und industrielle) an den PR-Manager stellt und sich deshalb für PR-Agenturen und PR-Berater um 15 Prozent weniger rentiert als klassische Unternehmens-PR. Für PR-Professionals sollte Green-PR außerdem keine Einbahnstraße sein, voneinander lernen ist hier unabdingbar. Dies ist jedoch bei vielen Unternehmen unbeliebt.
Green-PR verbindet im Idealfall die CSR-Strategie eines Unternehmens mit der Unternehmens-PR. Vorausgesetzt natürlich, es gibt eine CSR-Strategie. Die EU Kommission fasst in ihrem Dossier beim Thema CSR unter anderem folgende Bereiche als Inhalt dieser Unternehmerverantwortung auf: Menschenrechte, Arbeits- und Beschäftigungspraktiken (z.B. Aus- und Fortbildung der Arbeitnehmer, Gleichstellung, Wohlbefinden der Arbeitnehmer), Ökologie (z.B. Artenvielfalt, Klimawandel oder Umweltschutz), die Bekämpfung von Bestechung und Korruption und die Integration von Menschen mit Behinderung.
Mit dem Dossier möchte die Europa Kommission CSR und korrekte Öko-Berichte weg von einem rein freiwilligen Vergnügen hin zu einer vereinheitlichen und obligatorischen Berichterstattung bringen. Klaus Milke, Vorstandsvorsitzender von Germanwatch begrüßt die Gesetzlichkeit für das Thema: „Die EU erkennt an, dass negative Auswirkungen, welche Unternehmen auf Menschen und Umwelt weltweit haben können, auch durch gesetzliche Regelungen verhindert werden müssen“
Dass die neue CSR-Mitteilung der EU umfangreicher ist, als die bisherige, deutsche Position zur Unternehmensverantwortung, gefällt nicht jedem. Gegen die neue, „schärfere“ Verordnung hat sich schon Widerstand formiert: So hat Wirtschaftsstaatssekretär Ernst Burgbacher an den Vize-Präsident der EU-Kommission, Antonio Tajani adressiert, dass sich doch CSR „weiterhin an dem Prinzip der Freiwilligkeit für alle Unternehmen orientieren“ solle. Mit einem verbindlichen CSR-Konzept würde die Kommission gegen das von ihr selbst gesetzte Ziel verstoßen, Bürokratie abzubauen, meint Burgbacher. Kritik kommt zudem von verschiedenen Verbänden der deutschen Wirtschaft. Auch sie fordern die EU-Kommission auf, den Weg der Freiwilligkeit von CSR auch weiterhin zu respektieren und den Kurs der vergangenen zehn Jahre fortzusetzen, den sie für erfolgreich halten.
Die Kritik scheint übertrieben, falls man schon heute von nachhaltig gemanagten Unternehmen mit einer offenen Kommunikationsstruktur ausgeht. Das Dossier kann hier als niedergeschriebene Unternehmenspolitik für zukunftsorientierte und der Ehrlichkeit verpflichtete Unternehmen gelesen werden. Dem Nachholbedarf anderer Unternehmen kann mit diesem Dossier vermutlich etwas auf die Sprünge geholfen werden. Ergebnisse erwartet sich die EU Kommission bis 2014.
Klaus Nemelka leitet seit mehreren Jahren Medienprojekte in Deutschland und Österreich und war unter anderem für die FAZ und die Styria Gruppe tätig. Als Gründungsherausgeber und langjähriger Chefredakteur des Magazin „Die Stiftung“ beobachtet er die Entwicklung der deutschen Stiftungslandschaft seit Jahren mit großer Freude. Er ist Mitglied im Beirat der Deutschen Umweltstiftung.
{fcomment}