Eine Wende in der Produktion von Biokraftstoffen hat die EU-Kommission heute in Brüssel eingeleitet. Zukünftig sollen strengere Regeln eine Verbesserung der ökologischen Gesamtbilanz von Biosprit erreichen und sicherstellen, dass der Gebrauch von Biokraftstoff gegenüber herkömmlichen Kraftstoffen im wesentlichen Maße Treibhausgase einspart. Die Erzeugung von Biokraftstoff sollte sich so nachhaltig wie möglich gestalten und eine größtmögliche Treibhausgasminderung gewährleisten – deswegen geht der Kommissionsvorschlag für mich in die richtige Richtung.
So will die EU-Kommission, anstatt weiterhin auf konventionelle Biokraftstoffe (erste Generation) aus Energiepflanzen zu setzen, wie etwa Biodiesel aus Raps, in Zukunft den Fokus auf Biokraftstoffe der zweiten und dritten Generation legen, das heißt auf Biosprit, der aus Abfall, Algen oder Stroh gewonnen wird. Dazu soll der Anteil von herkömmlichen Biokraftstoffen im Transportsektor bis zum Jahr 2020 auf maximal fünf Prozent beschränkt werden. Zudem beinhaltet der Vorschlag die Einführung eines sogenannten „iLUC-Faktors“ („indirect landuse change“).
Dieser beschreibt die Auswirkungen des Anbaus von Energiepflanzen auf die Landnutzung. Das steckt dahinter: Der Anbau von Energiepflanzen führt zur Abholzung von Regenwaldgebieten, da dort die Lebensmittel angebaut werden müssen, die in der EU für die Biokraftstoffproduktion verdrängt werden – mit klimaschädlichen Folgen. Der „iLUC-Faktor“ soll deswegen als Malus für Bioenergie aus Energiepflanzen angerechnet werden. Hingegen ist im Rahmen der Förderung von Biokraftstoffen eine Vierfach-Wertung von Kraftstoffen aus Abfällen und Reststoffen vorgesehen.
Neben der ökologischen Gesamtbilanz müssen auch die Auswirkungen auf die Nahrungsmittelsicherheit berücksichtigt werden. Die Förderung von Bioenergie darf nicht die Flächenkonkurrenz zur heimischen Lebensmittelproduktion verstärken. Im Zuge der Energiewende sollten wir uns deswegen auf regenerative Energien konzentrieren, die keine Gefährdung für die Nahrungsmittelversorgung darstellen und nicht zur Zerstörung von Naturreservaten führen.
Trotzdem darf ein Kurswechsel nicht über Nacht vollzogen werden. Damit weiterhin eine verlässliche Investitionsbasis gegeben ist, sowie aufgebaute Wertschöpfungsketten und Marktzugänge in der Branche erhalten bleiben, plädiere ich für eine Übergangslösung, die den Weg von konventionellen Biokraftstoffen hin zu Kraftstoffen der zweiten oder dritten Generation erleichtert.
Hintergrund:
Laut der aktuell geltenden Richtlinie muss sich der Anteil erneuerbarer Energien im Verkehrsektor in allen EU-Staaten bis 2020 auf 10 Prozent belaufen. Die Produktionsart und der „iLUC-Faktor“ bleiben dabei unberücksichtigt.
Autoreninformation: Bernd Lange ist Mitglied des Europäischen Parlaments (SPD) und im Beirat der Deutschen Umweltstiftung.