Zukunftsfähigkeit von NGOs NGOplus-Dialog vom 20. März 2023

In einer sich schnell verändernden Welt, geprägt durch demografischen Wandel, Globalisierung und Digitalisierung, stehen Non-Profit-Organisationen vor neuen und komplexen Herausforderungen. Veränderte Kundenbedürfnisse und -erwartungen, rechtliche Änderungen sowie der schnelle Fortschritt bei neuen Technologien erfordern oft eine aktive Anpassung der Strategie, Struktur, Prozesse und Kultur von NGOs. Diese Anpassungen können Organisationen befähigen, sich resilient und flexibel in die Zukunft zu bewegen.

Vor diesem Hintergrund hat die Deutsche Umweltstiftung am 20.03.2024 Non-Profit-Organisationen zu einem digitalen Austausch zum Thema „Zukunftsfähigkeit von NGOs: Organisationsentwicklung als Schlüssel zum Erfolg“ eingeladen. Der Host des Abends, Michael Golze, führte die über 80 Teilnehmenden in die Grundlagen der Organisationsentwicklung ein. Praxisbeispiele machten den modellhaften Ablauf eines Entwicklungsprozesses greifbarer und wurden durch wertvolle Hinweise aus dem Erfahrungsschatz des Moderators ergänzt.

Grundverständnis der Organisationsentwicklung

Organisationsentwicklung ist ein mittel- bis langfristig angelegter Entwicklungsprozess, der nicht nur auf eine Reaktion auf aktuelle Missstände abzielt, sondern auch proaktiv die Anpassungsfähigkeit an zukünftige Veränderungen unterstützt. Er zielt auf eine Anpassung der bestehenden Organisationsformen sowie die Veränderung der Organisationskultur ab und wird vom Gedanken der „lernenden Organisation“ getragen. Die Anpassungsfähigkeit an neue Technologien, die Reaktion auf veränderte Kundenbedürfnisse und -erwartungen sowie die Bewältigung rechtlicher Änderungen sind Beispiele, wie Organisationsentwicklung Organisationen dabei unterstützt, ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern.

Eine lernende Organisation zeichnet sich durch ihren guten Umgang mit Fehlern und Konflikten sowie eine partizipative Organisationskultur aus. Lern- und Akzeptanzprozesse ermöglichen Veränderungen, und aus Veränderungsprozessen ergeben sich neue Lernprozesse. Eine erfolgreiche Organisation befindet sich daher im permanenten Zustand des Wandels und hat die dauerhafte, partizipative Organisationsentwicklung fest in der eigenen Identität verankert.

Faktoren für erfolgreiche Organisationsentwicklung

Das Ziel ist es, gleichzeitig die Wirksamkeit der Organisation und das Wohlbefinden bei der Arbeit zu verbessern. Für die Organisation kann das beispielsweise geringere Zeit- und Kostenaufwände, verbesserte Teamarbeit und Arbeitsergebnisse oder auch eine höhere Anpassungsfähigkeit und gesellschaftliche Relevanz bedeuten. Mitarbeiter*innen können eine stärkere Zielorientierung und Selbstwirksamkeit erfahren sowie mit gesteigerter Motivation und Lernfähigkeit ihre Aus- und Weiterbildung stärken.

Strategien und Implementierung

Die Anlässe für Organisationsentwicklung können vielfältig sein; sie liegen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Organisation. OE-Projekte können insbesondere angezeigt sein, wenn konkrete Missstände aufgefallen sind, etwa wenn die Organisation eine hohe Fluktuationsrate beim Team registriert, wiederkehrende Probleme in der Zusammenarbeit auftreten, Mitarbeitendenbefragungen besorgniserregend ausfallen, sich Entscheidungswege als ineffizient erweisen, die Ablauforganisation Mängel aufweist, externe Beschwerden und negative Berichterstattungen sich häufen, Prozesse nicht rund laufen, durch intransparente Verhältnisse Missverständnisse an der Tagesordnung sind, oder es zu dauerhaften Einbußen bei den Einnahmen kommt. Führungswechsel, rechtliche Änderungen, neue Technologien und internationale Kooperationen bei großen NGOs können ebenfalls Bedarf für Organisationsentwicklung auslösen.

Eine Initiierung und unterstützende Moderation sind grundlegende Voraussetzungen für einen gelingenden Entwicklungsprozess. Alle Betroffenen sollen dabei partizipativ mitwirken. Es geht nicht um das Erreichen eines finalen Zustandes – der Weg ist das Ziel. Die Literatur bietet für diesen Weg viele Phasenmodelle, die typischerweise folgenden Management-Zyklus widerspiegeln:

Ziele festlegen → planen → organisieren → umsetzen → überprüfen → (Ziele festlegen)

Zur erfolgreichen Implementierung sind verschiedene Strategien denkbar, die unterschiedliche Ansatzpunkte der Veränderung anvisieren. Je nach konkretem Anlass und Dringlichkeit bieten sich unterschiedliche Herangehensweisen an. Beispielsweise verlocken Top-down-Ansätze ausgehend von der Organisationsspitze, wenn es mal schnell gehen muss. Eine langfristig gute Identifikation der Mitglieder wird allerdings besser durch Bottom-up-Ansätze aus der Basis erwirkt. Wenn das Problem im Kernprozess liegt, kann es ratsam sein den Veränderungsprozess dort „center-out“ zu starten, um eine große Wirkung zu erzielen. Ist weniger Dringlichkeit gegeben, kann der Beginn in mehreren Keimzellen der Innovation in unterschiedlichen Teilen der Organisation ein guter Test für das Hinterfragen der bestehenden Strukturen sein. Bei diesem „multiple-nucleus“ Ansatz können die Innovationszentren später verknüpft und mit dem Hintergrund der Lernerfahrungen auf die gesamte Organisation übertragen werden.

Die Herausforderung des Wandels

Wandel benötigt Zeit. Der Prozess sollte systematisch, durchdacht und nicht überstürzt eingeleitet werden. Die verfügbaren Ressourcen zu ermitteln und den verfügbaren gegenüberzustellen, kann dabei als Planungsleitlinie dienen. Emotionale Barrieren mit anfänglichem Widerstand stellen außerdem oft größere Herausforderungen dar als erwartet. Daher sind Einfühlungsvermögen für Mitarbeiter*innenängste, klare Kommunikation und durchgängige Unterstützung essenziell für einen erfolgreichen Organisationsentwicklungsprozess.

Erste Schritte

Je nach Art und Umfang der angestrebten Veränderung können verschiedene Methoden angewendet werden. Bei deren Auswahl ist es wichtig, dass sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeitende in den Veränderungsprozess eingebunden werden, um eine breite Zustimmung zu erreichen.

Mittelgroße und große Organisationen können beispielsweise moderierte Workshops oder partizipative Konferenzformate wie das World Café, Fishbowl-Diskussionen oder Open Space nutzen, um zukünftige Anforderungen zu identifizieren und Lösungen zu entwickeln. In kleineren Organisationen können Mitarbeiter*innnenumfragen, Balanced Scorecards oder Interviews mit Stakeholdern kostengünstige und effektive Alternativen darstellen.

Modellansatz von John P. Kotter

Basierend auf einem 3-Phasen-Modell von Kurt Lewin aus dem Jahr 1947 hat John P. Kotter 1996 ein 8-Stufen-Modell (s. Abb.) entwickelt. Darin wird der Zeit-, Arbeits- und Überzeugungsaufwand zu veranschaulicht, der selbst hinter kleinen Veränderungen steckt.

Kotters 8-Schritte-Modell konzentriert sich primär auf den Prozess der Veränderung in Organisationen, nicht speziell auf die Schaffung einer lernenden Organisation. Für die Verwandlung in eine lernende Organisation müssen die Prinzipien des lebenslangen Lernens, des Wissensaustauschs und der kontinuierlichen Verbesserung tief in die Kultur und die Struktur der Organisation integriert werden.

Ein Raum für das von- und miteinander Lernen

Nachdem die Teilnehmenden mit theoretischem und praktischem Wissen rund um die Organisationsentwicklung gefüttert waren, bekamen sie vom Moderator zum Abschluss noch einige Methoden (z. B. aus dem agilen Projektmanagement) an die Hand gegeben. Die mit Beispielen ergänzten grafischen Aufbereitungen finden Sie auch nachfolgend zum Download.

In der Dialogreihe wurde einmal mehr der Wert gegenseitiger Unterstützung und des Teilens von Wissen im dritten Sektor betont, was die Notwendigkeit einer fortlaufenden, gemeinschaftlichen Organisationsentwicklung unterstreicht. Haben Sie konkretes Interesse an weiteren Informationen zum Thema, nehmen Sie Kontakt mit unseren ehrenamtlichen Coaches im Projekt „Agathe hilft“ auf.