Verpackungen sind fundamentaler Bestandteil unserer Lebens- und Wirtschaftsweise. Sie erfüllen viele positive Funktionen und machen etlichen Lebensqualität fördernden Komfort erst möglich. Zugleich gibt es jedoch auch eine Kehrseite. Denn das immense Verpackungsaufkommen hat tiefgreifende direkte und mittelbare ökologische Konsequenzen.
Diese Spannungsbeziehung stand im Fokus des digitalen Fachgesprächs „Verpackungen der Zukunft“ mit Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft am 21. Juni 2023. Grundlage des Austauschs war ein kurz zuvor veröffentlichtes Verbrauchergutachten, in dem 13 Bürger*innen umfangreiche Anregungen und Ideen für mehr Nachhaltigkeit im Umgang mit Verpackungen entwickelt haben.
Eine Gemeinschaftsaufgabe
Eingerahmt wurde der rund 90-minütige Austausch von Worten des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Umweltstiftung Jörg Sommer. Er skizzierte darin zunächst die substanziellen Umweltauswirkungen aufgrund des anhaltend hohen Verpackungsaufkommens. Frei von Schuldzuweisungen zeigte er pointiert die Konsequenzen westlicher Konsum- und Verzehrgewohnheiten auf, die durch aktuell vorherrschende Geschäftsmodelle insb. im Bereich E-Commerce befeuert werden.
Er plädierte daher abschließend für ein stärkeres gesellschaftliches Problembewusstsein und die Bereitschaft aller Beteiligten, gemeinsam an tragfähigen und nachhaltigen Lösungen zu arbeiten. Sein Credo lautete an dieser Stelle: „Ökologisch verpacken muss sich für alle Akteure lohnen – es darf sich jedoch nicht lohnen, Verpackungen unökologisch zu denken.“
Digitaler Austausch auf Augenhöhe
Im Anschluss an seine Einführung tauschten sich die rund 80 Gäste mit den geladenen Experten Harald Ebner (MdB und Vorsitzender des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz), Dr. Oliver Wolfrum (Generalbevollmächtigter des Verbands der Wellpappenindustrie und Dr. Frieder Rubik (wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für ökologische Wirtschaftsförderung) aus. Dazu wurde auf innovative Weise das aus dem Analogen bekannte Diskussionsformat „Fishbowl” in den digitalen Raum übertragen, sodass intensive Gesprächssituationen zwischen allen Beteiligten möglich waren.
Lebhafte Debatte
Die Diskussion kreiste um Fragen der politischen Gestaltbarkeit nachhaltiger Verpackungen, gesellschaftliche Verantwortlichkeiten und mögliche Vermeidungspfade. Die nachfolgenden acht Diskussionspunkte sind das Destillat des wertschätzenden und konstruktiven Austauschs:
- Verantwortung klären, Überforderung vermeiden: Alle Beteiligten, von Politik und Wirtschaft über Wissenschaft und Medien bis hin zu den Verbraucher*innen, sollen zu mehr Nachhaltigkeit beitragen. Verbraucher*innen dürfen jedoch nicht überfordert werden und sollten bei nachhaltigen Kaufentscheidungen unterstützt werden.
- Partizipation als Schlüssel zum Erfolg: Nachhaltiges Wirtschaften erfordert dialogische Formate und aktive Bürgerbeteiligung. Konsultationsprozesse dürfen jedoch nicht als eine Verlagerung von Verantwortlichkeiten missverstanden werden.
- Politischen Rahmen schaffen: Es besteht Bedarf an politischer Regulierung, um das Verpackungsaufkommen zu reduzieren und die ökologischen Auswirkungen zu minimieren. Dabei spielen europäische Regelungen aufgrund des gemeinsamen Binnenmarktes eine zentrale Rolle.
- Transparenz erzeugen: Die Nachhaltigkeit von Verpackungen ist für Laien oft schwer zu bewerten. Labels können helfen, aber sie müssen wissenschaftlich fundiert sein, um Verbrauchertäuschung oder Greenwashing zu verhindern.
- Ganzheitliche Problembetrachtung: Die gesamte Wertschöpfungskette muss in Betracht gezogen werden, um die ökologischen Auswirkungen vollständig zu erfassen und Fehlanreize zu vermeiden.
- Weniger ist mehr: Die Notwendigkeit bestimmter Produkte und Verpackungen sollte kritisch hinterfragt werden.
- Regionale Wertschöpfung: Lange Lieferketten sind ökologisch problematisch. Eine stärkere Betonung regionaler Verpackungskreisläufe könnte das Problem mindern.
- Soziale Auswirkungen bedenken: Die Förderung nachhaltiger Verpackungen darf nicht zu einer unverhältnismäßigen Benachteiligung sozio-ökonomisch schwächerer Gesellschaftsgruppen führen.
Noch ein weiter Weg
Kürzere Lieferketten, Förderung regionaler Wertschöpfung, glaubwürdige und transparente Siegel – die Liste möglicher Ansatzpunkte ist lang und zeigt: Es gibt noch viel auf dem Weg zu einer ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft zu tun. Alle zukünftigen Schritte sollten jedoch stets auch im Lichte der Suffizienz erfolgen. Denn eines ist an dieser Stelle ökologisch sicher: Wo immer möglich, muss der Verzicht auf Verpackungen das oberste Gebot sein.