Keine Katastrophe ist vom Moment ihres Eintretens an so umfassend dokumentiert worden wie die Dreifach-Katastrophe aus Erdbeben, Tsunami und Kernschmelze in der japanischen Region Tohoku. Nun gibt es dazu gar ein „Lesebuch“ in Deutsch – ein umfangreiches Buch mit Übersetzungen, Kommentaren und eigenständigen Essays.
Es ist eines der Ergebnisse eines gemeinsamen Forschungs- und Lehrprojekts der Japanologien an den Universitäten von Frankfurt am Main und Leipzig. Zwei Professorinnen haben es konzipiert, 13 junge Wissenschaftler und 16 (!) Wissenschaftlerinnen haben sich im Rahmen des Internetprojekts „Textinitiative Fukushima“ fast zwei Jahre lang mit japanischen Quellen befasst, wichtige Zeitzeugendokumente übersetzt, Interviews mit Aktivisten und Künstlern geführt und Analysen der Debatte um die Folgen der Dreifach-Katastrophe und das „System Japan“ vorgenommen.
Das Buch widmet sich dabei vielen offenen Fragen: Was hat „Fukushima“ über die menschlichen Tragö- dien hinaus in Japan bewirkt? Ist die These einer durchgreifenden Zäsur verifizierbar? Haben sich Chancen eines grundlegenden Wandels ergeben – und wurden sie genutzt?
All diese Fragen versucht das Buch in vier Teilen zu beantworten. Zwei wichtige Aspekte bleiben dabei jedoch außern vor: Das Wort „Energiewende“ und der Ausstieg aus der Atomtechnik tauchen nirgendwo auf und auch der Ökologie- und Umweltbewegung Japans hätte man sich stärker widmen können.
Dennoch ist das Buch eine gelungene und empfehlenswerte Zusammenstellung zur schlimmsten Umweltkatastrophe der letzten Jahre und in der Annahme, dass das gemeinsame Forschungs- und Lehrprojekt der beiden Universitäten fortgeführt wird, wird es dazu in Zukunft gewiss auch ein Buch – vielleicht ein weiteres „Lesebuch“ – geben.
Lisette Gebhardt und Steffi Richter (Hg.): Lesebuch „Fukushima“ – Übersetzungen, Kommentare, Essays.
Berlin: EB-Verlag 2013, 443 Seiten, 24,80€, ISBN: 978-3-86893-103-7