„Der Völkerbund war der Ort, an dem die ökologische Begrenztheit der Menschheit, aber auch die Gelegenheit, ein alternatives Paradigma für die gemeinsame Naturnutzung zu entwerfen, (erstmals) in ein globales Licht gerückt wurden“. Mit diesem Satz endet ein Buch, das mit einem Blick zurück Perspektiven für die zukünftige internationale Umweltpolitik eröffnen will.
Der Völkerbund ist oft als erfolgloses politisches Projekt charakterisiert worden. Die Beschäftigung mit dessen Umweltdiplomatie ergibt dagegen ein ganz anderes Bild: Im Völkerbund fanden wegweisende Debatten über die Verletzlichkeit der Erde und den Umgang des Menschen mit der Natur statt. Die Autorin will das inzwischen eingetretene Vergessen überwinden.
Sie identifiziert dazu die wichtigsten Akteure der frühen Initiativen des internationalen Naturschutzes, betrachtet die behandelten stofflichen Probleme, eruiert die Werte, die das Handeln bestimmten, entdeckt die verzögerten Reaktionszeiten der Umweltpolitik und beleuchtet das Entstehen von fachlicher Expertise – exemplifiziert an den Beispielen des Projekts Weltnaturschutz, des konfliktreichen Streits um die Meeresnutzung und den Schutz der Tiere, sowie am Beispiel der eher harmoniereichen Debatte über Naturschönheiten, die zum Konzept „Weltnaturerbe“ führte.
Anna-Katharina Wöbse hat ein fundamentales Werk zur globalen Umweltpolitikgeschichte vorgelegt. Es ist umfassend und spezifizierend zugleich; es berichtet über anspruchsvolle integrative Ansätze wie über klägliches politisches Scheitern. Der Inhalt mag für manchen Leser anstrengend sein, aber der sprachliche Duktus wirkt entspannend. Der Autorin, eine Historikerin mit sprachästhetischem Feingefühl, sind viele ewigkeitswerte Formulierungen gelungen.
Anna-Katharina Wöbse: Weltnaturschutz. Umweltdiplomatie in Völkerbund und Vereinten Nationen 1920-1950
Frankfurt a.M., New York: Campus Verlag 2012, 364 Seiten, € 39,90
ISBN: 978-3-593-39434-3